Vortrag von Prof. Dr. Christian Ochsner, Prag und St. Gallen, im Rahmen der Veranstaltungsreihe der Historischen Gesellschaft Graubünden (HGG)
Vor über 100 Jahren wütete die Spanische Grippe, so auch im Kanton Graubünden. Die Übersterblichkeit war etwa sechsmal höher als während der COVID-Pandemie; zudem starben fast alle Menschen während weniger Wochen im Herbst 1918.
Der Vortrag widmet sich der Frage, wie sich die Mortalität im Herbst 1918 auf das politische und gesundheitspräventive Verhalten in Graubünden ausgewirkt hat. Graubünden dient vornehmlich deshalb als «Labor», weil es hier im Jahr 1922 eine Initiative über den Impfzwang (Abschaffung der Pockenimpfpflicht) gab.
Mit empirischen Methoden legen wir dar, dass die Übersterblichkeit 1918 zu einer höheren Abneigung gegen den Impfzwang führte. Die Abbildungen demonstrieren diesen Sachverhalt: Die Karte stellt die Sterblichkeit je Gemeinde dar und die Grafik den Zusammenhang zwischen der Sterblichkeit und dem Abstimmungsverhalten.
Zudem wurden ab 1918 in von der Spanischen Grippe stark betroffenen Gemeinden massiv weniger Kinder gegen Pocken geimpft – während sich die Impfneigung vor 1918 zwischen schwach und stark betroffenen Gemeinden nicht unterschied.
Darüber hinaus zeigen wir, dass die Menschen in stark betroffenen Gemeinden gegenüber der Kantonsregierung kritischer wurden, insbesondere wenn es um den Abbau der Freiheitsrechte ging.
Vortragender: Christian Ochsner (CERGE-EI Prag & Universität St. Gallen)
Ko-Autor der Studie: Lukas Schmid (Universität Luzern)
Forschungsförderung: Das Forschungsprojekt wird durch den Schweizer Nationalfonds (SNF) und der Tschechischen Forschungsförderung (GACR) als bilaterales Projekt unterstützt. Siehe: https://data.snf.ch/grants/grant/215524
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