Das moderne Fussballspiel entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England. Die Industrialisierung ermöglichte dem Fussball die Entwicklung zum professionellen Sport, nachdem der Schritt vom elitären Schulsport an den „Public Schools“ zum Massensport der Arbeiterschaft getan war. Durch die angestiegenen Lohn und Freizeitverhältnisse der Industriearbeiter waren Faktoren entstanden, die dem Fussball die Verbreitung in grossen Teilen der Bevölkerung ermöglichten. Die Schweiz mit ihren engen Beziehungen zu England, vor allem mit den Privatschulen und dem aufkommenden Tourismus, spielte bei der Verbreitung des Spiels auf dem europäischen Festland eine wichtige Rolle. Lange blieb der Fussball aber ein Freizeitsport der bürgerlichen Gesellschaft. Vierzig Jahre nach der Entwicklung in England bildete sich in den 1920er Jahre auch in der Schweiz ein Publikum heraus, das bereit war, für den aufkommenden Schausport Eintritt zu bezahlen. In der Folge kam es zu einer Kommerzialisierung des Sports und es entstanden die ersten grossen Stadien. Von diesem Moment an forderten die im Zentrum des immer grösser werdenden Spektakels stehenden „Darsteller“ ihren Anteil an den Einnahmen, was in den 1930er Jahren die Entstehung erster Berufsspielermannschaften zur Folge hatte. Gebremst wurde die Entwicklung in ganz Europa durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Tatsache, dass sich bei den Klubs die Einnahmen und die Ausgaben nicht die Waage hielten. Berufsfussball war ein Defizitgeschäft.
Die Lizentiatsarbeit behandelt in ihrem Hauptteil den „beschwerlichen Weg des Schweizer Fussballs ins Profitum“ nach dem Zweiten Weltkrieg und zeigt anhand von Quellen aus der damaligen NationalLiga und mittels Zeitungsberichten, dass es sich bei der Professionalisierung des Schweizer Fussballs um einen langwierigen und hart umkämpften Prozess handelte. Unterschiedliche Voraussetzungen in den Vereinen der damaligen NationalLiga führten zu unterschiedlichen Auffassungen einer möglichen Entwicklung der Abteilung. Als Folge daraus ist eine Art Wellenbewegung zu beobachten: Nach Einschränkungen beschlossen die KlubDelegierten Zugeständnisse zu mehr Freiheit, die erlangten Freiheiten beschnitten sich die Vereinsvertreter alsbald mit neuen Einschränkungen. Mit diesem Wechselspiel bot sich den Fussballerspielern mit der zugelassenen Teilprofessionalisierung eine zunehmende Erwerbschance. Die Finanzkraft der Klubs war begrenzt, ihre bescheidenen Mittel wurden überwiegend zur Entschädigung ihres wichtigsten Gliedes in der Organisation eingesetzt: für den Spieler. Die Vereine dagegen wurden ehrenamtlich geführt. Aufgrund der – je nach Stand der Wellenbewegung stärker oder schwächer – einschränkenden rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen etablierte sich die Professionalisierung in der Schweiz lange Zeit verdeckt und nicht öffentlich. Erst mit diversen Umwälzungen Mitte der 1970er Jahre fand der Prozess der Professionalisierung ihren Abschluss. Mit Beschluss vom 11. März 1976 schufen die Klubpräsidenten das Reglement über die Begrenzung der Spielerentgelte für NLASpieler ab und legalisierten damit einen in zahlreichen Klubs bereits herrschenden Zustand. Das Profitum war fortan möglich, aber nicht Bedingung. Bis zur Herausbildung einer ProfiLiga sollte es noch weitere zehn Jahre dauern.
Die Untersuchung zum Schweizer Fussball zeigt weitere Gründe für den späten Übergang zum Profifussball auf, so beispielsweise die relativ geringe Grösse des Landes, sowie das weitgehende Fehlen grösserer Städte und die Aufteilung in verschiedene Sprach und Kulturregionen; die Struktur des schweizerischen Fussballverbandes, in dem die wenigen grossen Klubs stets durch die vielen kleinen Klubs majorisiert werden konnten; die Zusammensetzung der Liga mit zu vielen Klubs in der höchsten Spielklasse; die starke Konkurrenz durch andere Sportarten wie Eishockey und Skifahren; die fehlende Subvention durch den Bund, der nur den Breitensport, selten aber den Spitzensport fördert; das hartnäckige Fortbestehen einer 33Auffassung von Fussball als Freizeitsport bürgerlicher Amateure sowie die vergleichsweise geringen Einnahmen durch die staatlich bestimmten und auf die einzelnen Sprachregionen verteilten Fernsehprogramme.
Dass man heute im Vereinsfussball irgend eine Form von Entlöhnung erwarten kann, vom hoch dotierten Vertrag in der Axpo Super League bis zur als „Autospesen“ oder „Mittagessen“ getarnten Prämie in der 3. Liga, ist heute zur Selbstverständlichkeit geworden. Erst spät wurden aber für den Schweizer Fussball – auf Klub wie auf Verbandsebene – professionelle Strukturen geschaffen. Nicht immer wurde dabei die Tatsache im Auge behalten, dass für die Schweiz aufgrund ihrer Grösse und ihrer kulturellen Prägung besondere wirtschaftliche Bedingungen herrschen und der finanzielle Rahmen dadurch begrenzt wird
Vom Prämienspieler zum Berufsfussballer. Der beschwerliche Weg des Schweizer Fussballs ins Profitum.
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christoph Maria
Merki
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2007/2008
Abstract