Jagen. Sammeln. Plagiieren. Imitieren als kulturelles Prinzip im Mittelalter

9. Februar 2017 bis 11. Februar 2017
Tagung
„Plagiat“, „unoriginell“, „Imitationskultur“, „Lust am Unechten“, „copy-paste-Niveau“: derartige Schlagwörter prägen unser heutiges zumeist negativ konnotiertes Verständnis von Imitation. Der ‚postmoderne’ Mensch scheint nach Originalität und freier Entfaltung seiner Individualität, nach dem Authentischen selbst zu streben. Dennoch geht – jenseits der Nostalgiewellen der Gegenwart – der dezidiert pejorative Beigeschmack des Imitierens in immer mehr gesellschaftlichen Bereichen verloren, nachdem jüngst auch aktuelle Fortschrittslogiken, die in der Imitation den Feind jeder Innovation als Motor von Entwicklung und Entfaltung verstanden, durch die Katastrophen des 19. und 20. Jahrhunderts die Vorstellung einer permanenten Modernisierung und Verbesserung der Menschheit als hinterfragbar erkennen lassen mussten. Indes stellt sich das heute mehr denn je Identität suchende Europa auf analytischer Ebene zusätzlich als Patchworkkultur dar, deren Stärke seit dem Mittelalter in der Fähigkeit lag, in ihrem Ursprung ‚fremde‘ Elemente (römisches Recht, aristotelische Philosophie, arabische Medizin und Mathematik etc.) zu adaptieren und in eigenen Kontexten nutzbar zu machen. Das vielschichtige Prinzip der Imitation verfügt damit über ausgesprochen hohe Aktualität. Die Tagung, die im Rahmen des von der DFG-geförderten Netzwerk „Imitation“ veranstaltet wird, führt die mittelalterlichen Wurzeln dieses Phänomens auf breiter Quellenbasis erhebend, analytisch ergründend und perspektivisch vergleichend zusammen. Heuristisch gehen wir von der Annahme aus, dass die Imitation ein omnipräsentes und unabdingbares kulturelles Prinzip des christlichen Mittelalters darstellte. Anmeldung: Interessierte sind herzlich willkommen. Es werden keine Tagungsgebühren erhoben. Um Anmeldung wird gebeten. Programm Donnerstag, 9. Februar 2017 15.00 Eröffnung Begrüßung Einleitungen durch die Veranstalter 15.30 Einleitende Vorträge Alois Hahn (Trier) Zweimal in den selben Fluss. Zu Wiederholung und Imitation Johannes Helmrath (Berlin) Imitation als Transformation der Antike Carmen Cardelle de Hartmann (Zürich) Von Bienen und Dichtern Erfrischungspause 18.30 Round Table Diskussion Imitieren und Plagiieren als conditio humana: Gefahr und Nutzen in der Geschichte Moderation: Michael Grünbart, Gerald Schwedler, Jörg Sonntag Teilnehmer: Alois Hahn (Trier) Dina De Rentiis (Bamberg) Gert Melville (Dresden) Bernd Schneidmüller (Heidelberg) Friedrich Hausen (Dresden) u.a. Freitag, 10. Februar 2017 9.00 Sektion: Imitieren in der Sprache Diether Reinsch (Berlin) Von der plagiierenden Imitation zum intertextuellen Spiel. Literarischer Transfer in der byzantinischen Historiographie im Spiegel der Forschung Dina De Rentiis (Bamberg) Petrarcas Dilemma. Zur Handlungsdimension des Secretum 10.30–11.00 Kaffeepause Silvan Wagner / Nadine Hufnagel (Bayreuth) Kritische Re-Lektüre des Imitationsbegriffs: Synchrone und diachrone Perspektive am Beispiel eines mittelalterlichen Schwanks und eines neuzeitlichen Nibelungenromans Stephan Conermann (Bonn) Innovation oder Plagiat? Kompilationstechniken in der vormodernen islamischen Welt 14.30 Sektion: Imitieren in Kunst und materieller Kultur Andreas Tacke / Danica Brenner (Trier) Imitatio / Inventione. Normative Quellen zur Künstlerausbildung im Alten Reich zwischen handwerklicher Nachahmung und künstlerischer Erfindung Matthias Müller (Mainz) Nachahmung und Überbietung. Imitatio in der Kunst um 1500 zwischen Künstlerkonkurrenz und Statusinszenierung 16.00–16.30 Kaffeepause Friedrich Hausen (Dresden) Imitation, Zitat und Assoziation in der Musik des 15. Jahrhunderts Jörg Bölling (Göttingen) „ex qua omnes exemplum sumere debent"? Zur Imitation der päpstlichen Kapelle in Musik und Zeremoniell am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit Samstag, 11. Februar 2017 9.00 Sektion: Imitieren als conditio humana Andreas Bihrer (Kiel) Vielerlei Bienen. Aethelwolds ,Regularis Concordia‘ und das Bienengleichnis im Mittelalter Hendrik Mäkeler (Uppsala) Imitationen, Imitationen von Imitationen und antizipierende Imitationen. Das Beispiel der Münzprägung 10.30–11.00 Kaffeepause Axel Müller (Leeds) „Die Kunst hat funden …“: Wie neu waren militärtechnische Entwicklungen im Spätmittelalter Gregor Rohmann (Frankfurt/Main /Göttingen) Imitation und Ansteckung. Komplementäre Konzepte von Übertragung in religiösen und medizinischen Diskursen des Mittelalters Volker Scior (Bochum) Gesandte als 'Imitatoren' und 'selbstlose Akteure' Bernd Schneidmüller (Heidelberg) Schlussworte Ca. 14.00 Ende der Tagung
Organisiert von
DFG-Netzwerks „Imitation“ / Gerald Schwedler / Jörg Sonntag / Michael Grünbart

Veranstaltungsort

Universität Zürich, Hörsaal RAA G-01
Rämistrasse 59
8000 
Zürich

Zusätzliche Informationen

Kosten

CHF 0.00