Die Verwissenschaftlichung der Schweizer Landwirtschaft im 19. Jahrhundert. Eine themenorientierte Fallstudie der Geschichte der landwirtschaftlichen Abteilung des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich

AutorIn Name
Jannik
Neumann
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2019/2020
Abstract
Durch die erste Welle der Globalisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlor die Landwirtschaft immer mehr an Bedeutung und die Industrie begann die Schweizer Wirtschaft zu dominieren. In den 1870er Jahren wurde durch die beschleunigten transnationalen Warenflüsse eine massive Agrarkrise ausgelöst, welche den Landwirtschaftssektor vor grosse Herausforderungen und Problemlagen stellte. Als ein wichtiges Element zur Lösung dieser Schwierigkeiten betrachteten die zeitgenössischen Akteure die Verwissenschaftlichung der Landwirtschaft, welche in der Schweiz mit der Angliederung einer landwirtschaftlichen Abteilung an die Forstschule des Eidgenössischen Polytechnikums in Zürich im Jahre 1871 auf nationaler Ebene begonnen wurde. Diese Institution wird in der Masterarbeit als Fallbeispiel untersucht und anhand ihrer Geschichte die agronomische Verwissenschaftlichung der Schweiz im 19. Jahrhundert studiert. Das Ziel der Arbeit ist es einerseits, diesen Prozess zu rekonstruieren, und andererseits dessen Hintergründe zu analysieren. Hauptbestandteile des Quellenkorpus bilden die handschriftlichen Protokolle der Spezialkonferenz der landwirtschaftlichen Abteilung und die Protokolle des Schweizerischen Schulrates. Strukturiert wird die Arbeit durch vier ausgewählte Themenbereiche, in welchen die Fragestellung mit einem wissensgeschichtlichen Ansatz beantwortet wird. Bei der Analyse der Gründungsgeschichte der landwirtschaftlichen Abteilung konnte aufgezeigt werden, dass hinsichtlich der agronomischen Verwissenschaftlichung der Landwirtschaftssektor zum ersten Mal auf nationaler Ebene organisiert wurde und dadurch die Verwissenschaftlichung komplexen politischen Aushandlungsprozessen unterlag, welche teilweise zu Verzögerungen führten. Bezüglich der Vorstellungen und Ideen der landwirtschaftlichen Verwissenschaftlichung orientierten sich die Akteure stark am Deutschen Kaiserreich, von wo auch die ersten drei Professoren der landwirtschaftlichen Abteilung stammten. Das Agronomie-Studium basierte auf naturwissenschaftlichen Grundlagefächern, welche durch fachwissenschaftliche Lehrinhalte ergänzt wurden. Der Schweiz sollten durch diese Ausbildung eigene Experten des Agrarsektors zur Verfügung gestellt werden, doch in den ersten Jahrzehnten stammten viele Studierende aus dem Ausland. Nur ein geringer Teil an einheimischen Landwirten konnte sich ein Agronomie-Studium leisten. Diese elitäre Stellung wurde als Hauptkritikpunkt der Verwissenschaftlichung der Landwirtschaft identifiziert. Punktuelle Verbindungen zur Industrie baute die landwirtschaftliche Abteilung durch ihre unterschiedlichen Forschungstätigkeiten auf, indem die Qualität und Wirkung von neuen landwirtschaftlichen Hilfsstoffen wissenschaftlich analysiert und veröffentlicht wurden. Ein wichtiger Bestandteil der Verwissenschaftlichung war das landwirtschaftliche Vereinswesen, weil die agrarwissenschaftlichen Akteure in diesem Netzwerk ihre Erkenntnisse und Forschungsergebnisse durch Vorträge und Publikationen in Vereinsorganen an die Landwirte kommunizierten. Im Bereich der Politik spielte die agronomische Verwissenschaftlichung auch eine wichtige Rolle, weil die Agrarwissenschaftler des Polytechnikums als Experten konsultiert wurden und die dabei verfassten Gutachten die politische Entscheidungsfindung stark beeinflussten. Allgemein betrachtet lässt sich die Verwissenschaftlichung der Schweizer Landwirtschaft im 19. Jahrhundert als ein elitärer und importierter Prozess beschreiben, welcher unter den praktizierenden Landwirten nur ein geringes Echo erfuhr. Punktuelle Erfolge wurden einerseits in der Industrie durch die Analyse von landwirtschaftlichen Hilfsstoffen und andererseits in der Politik durch Expertisen und Gutachten erzielt.
Library ID
alma991170736094005501

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