Der Ritter geht studieren. Eine Studie zum Universitätsbesuch des Adels aus dem Raum Hegau-Bodensee-Allgäu 1465 – 1515

AutorIn Name
Elena
Magli
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Hesse
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2017/2018
Abstract
Der Universitätsbesuch von Adligen wurde erst im späten Mittelalter zu einem Phänomen. Weder stellte das akademische Studium eine selbstverständliche noch eine notwendige Station in der adligen Erziehung dar. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts fand diesbezüglich aber ein Wandel statt. Die vorliegende Studie untersucht diese Zunahme adliger Studenten und diskutiert die Ursachen und Auswirkungen dieses Phänomens. Bisher fokussierte die Forschung vor allem das Studium des Adels an einer bestimmten Universität. Diese Studie hingegen stellt die Fragerichtung um und verfolgt einen prosopographischen Ansatz, der sich im Unterschied dazu auf Adlige aus einer bestimmten Region, dem reichsunmittelbaren Schwaben mit seiner hohen Adelsdichte, konzentriert. In die Untersuchungsgruppe aufgenommen wurden alle Adligen, deren Familien 1488 in der Teilgesellschaft Hegau-Bodensee-Allgäu, der mächtigen Gesellschaft mit St. Georgenschild, vertreten waren und die sich zwischen 1465 und 1515 erstmals an einer Universität immatrikuliert hatten. 78 Adlige aus 30 unterschiedlichen Geschlechtern konnten so in die Untersuchungsgruppe aufgenommen werden. Der adlige Universitätsbesuch wurde von zwei Seiten her beleuchtet. Zum einen standen die Handlungsstrategien des Adels während des Universitätsbesuchs und damit die Frage nach standesspezi schen Verhaltensmustern in Bezug auf die Studienund Promotionswahl im Zentrum. Zum anderen wurde die Funktion des Universitätsbesuchs für den Lebensweg der Adligen im Hinblick auf deren Tätigkeiten nach dem Studium untersucht. Während des untersuchten Zeitraumes konnte ein Anstieg der Anzahl Universitätsbesucher aus dem schwäbischen Adel festgestellt werden. Der reichsunmittelbare Adel reagierte damit auf den Anpassungsdruck, den die ausgreifende Landesherrschaft und die Konkurrenz von Seiten der aufstrebenden bürgerlich-städtischen Eliten ausübten, die ihn in seinen traditionellen Machtpositionen herausforderten. Sicherlich hat zum Anstieg der Anzahl adliger Studenten auch die Einrichtung von Generalstudien in ihrer Nähe – wie etwa Freiburg (1457), Basel (1465) und Tübingen (1477) – beigetragen. Bezüglich der bevorzugten Universitäten konnten zwei Präferenzen identi ziert werden: Die schwäbischen Adligen zogen ein Studium an Universitäten mit einem landesherrlichen Träger und an Universitäten, die in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft lagen, vor. Die landesherrlichen Universitäten Freiburg und Tübingen emp ngen so die überwiegende Mehrheit der schwäbischen Adelsstudenten, während die „eidgenössische“ Universität Basel auf Rang drei fungierte. Wenn ein Studium in der Ferne gesucht wurde, so geschah dies nicht an den nördlichen Universitäten des Reiches, sondern in den alten und prestigeträchtigen Hohen Schulen in Norditalien und Südfrankreich. Bezüglich Promotionsverhalten lässt sich zeigen, dass der Rang der Adelsfamilie zu unterschiedlichen Mustern führte: Der Hochadel empfand den Erwerb eines akademischen Grades nach wie vor als nicht standesgemäss. Knapp ein Drittel der niederadligen Studenten hingegen promovierten, die allermeisten in der Artistenfakultät. Damit liegt die Promotionsfrequenz beim Ritteradel höher als in der Forschung bisher angenommen. Die Karriere nach dem Universitätsbesuch war bei den untersuchten Adligen – im Unterschied zur zunehmenden Entklerikalisierung des Studiums bei den Angehörigen der städtischen Bürgerschaft – nach wie vor stark von der geistlichen Laufbahn geprägt. Fast ein Viertel der untersuchten Studenten waren bereits zu Studiumsbeginn bepfründet. Offenbar galt für einen grossen Teil der Adligen das Studium nach wie vor als Absicherung für das Erlangen der angestrebten kirchlichen Stelle, zumeist als Domoder Chorherr. Die in der Forschung oftmals vertretene Ansicht, dass das Adelsstudium gegen Ende des Mittelalters signi kant häu ger vorkam, weil sich die weltlichen Funktionsträger damit ihre angestammten Positionen am fürstlichen Hof und in der fürstlichen Verwaltung sichern wollten, konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden. Es gibt in der adligen Untersuchungsgruppe durchaus Beispiele für exzellente Karrieren an fürstlichen oder kaiserlichen Höfen, doch wäre es anachronistisch zu behaupten, dass das Studium dafür die entscheidende, berufsquali zierende Voraussetzung gewesen sei. Die Funktion des Studiums kann vielmehr in seinem gesellschaftlichen Nutzen für die adligen Universitätsbesucher gesehen werden. Der Universitätsort war ein Begegnungsort geworden, an dem Beziehungen zu Gleichaltrigen geknüpft, Verhaltensnormen einstudiert und der Status der Familie gerade in Hinblick auf Ranggleiche sowie zur Abgrenzung gegenüber Rangungleichen zur Schau gestellt werden konnte. Gewisse Familien, die von 1465 bis 1515 bis zu sechs Familienmitglieder an die Universität schickten, scheinen den Universitätsbesuch gar in ihr Erziehungsrepertoire aufgenommen zu haben.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

Akademische Arbeiten werden in der Bibliothek der jeweiligen Universität hinterlegt. Suchen Sie die Arbeit im übergreifenden Katalog der Schweizer Bibliotheken