Der Naukluft-Feldzug 1894. Ursachen und Verlauf des Witbooi-Krieges und des Naukluft-Feldzugs und deren Auswirkungen auf die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas bis zum Ausbruch des Deutsch-Herero-Krieges von 1904

AutorIn Name
Jan
Baumann
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Marina
Cattaruzza
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2008/2009
Abstract


Am 12. April 1893 startete die deutsche Reichsregierung, die sich 1884 zur "Schutzmacht" über das "Schutzgebiet" Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) erklärt hatte, einen Krieg gegen den mächtigen Nama-Führer Hendrik Witbooi und seine Anhänger. Doch Landeshauptmann Curt von François unterschätzte Hendrik Witbooi und überschätzte seine eigenen Mittel. Der Konflikt mit den Witbooi wurde schnell zu einem unkontrollierten Kleinkrieg, in dem sich immer mehr Gruppierungen auf der Seite der Witbooi beteiligten.

1889 hatte Hendrik Witbooi mit seinen Anhängern sein Lager in Hornkranz bezogen. Von dort aus überfielen die Witbooi Transportwagen zwischen Walvisbay und Windhuk und machten sich durch Viehdiebstähle unbeliebt. Nach mehrmaligen Angriffen der deutschen Schutztruppe mussten die Witbooi aus Hornkranz fliehen und verschanzten sich nun im Naukluft-Gebirge.

Nach Ablauf eines viermonatigen Waffenstillstands startete Major Theodor Leutwein am 27. August 1894 seinen Feldzug gegen die Witbooi. Die Kämpfe waren für beide Seiten sehr verlustreich. Die Schutztruppensoldaten kamen in dem unwegsamen Gelände nur sehr langsam voran und litten unter dem für sie ungewohnten heissen und trockenen Klima. Nach drei Wochen Kampf waren sowohl die Witbooi, als auch die Schutztruppe nicht mehr in der Lage weiterzukämpfen. Hendrik Witbooi willigte ein, Friedensverhandlungen aufzunehmen und unterwarf sich im Friedensvertrag von Tsams am 15. September 1894 der deutschen Kolonialmacht. Die Witbooi erhielten im Gegenzug ein grosses Gebiet um den Ort Gibeon.

Der Friede von Tsams führte zu einem zehnjährigen Frieden zwischen der deutschen Kolonialmacht und den Witbooi. Ein Jahr später verpflichteten sich die Witbooi zur Heerfolge und gingen nun auf Seiten der Schutztruppe gegen andere aufständische Gruppen vor.

Der Friede von Tsams beeinflusste die weitere Entwicklung von Südwestafrika massgeblich. Dank der "Befriedung" des Namalandes konnte Leutwein seine Divide-et-impera-Politik („System-Leutwein“) weiterentwickeln und nun auch im Hereroland durchsetzen. Wegen ihrer inneren Widersprüchlichkeit scheiterte Leutwein aber schliesslich doch an seiner eigenen Konzeption. Die Folge war der Ausbruch des sogenannten Hereroaufstands von 1904, dem sich schliesslich – nachdem die Herero bereits geschlagen waren auch die Nama anschlossen.

Der Naukluft-Feldzug ist Thema verschiedener Erlebnisberichte von Offizieren und Soldaten, welche an den Kampfhandlungen beteiligt waren. In wissenschaftlichen Arbeiten wurde der Naukluft-Feldzug bisher aber nur in kurzer Form als Vorläufer der Hereround Nama-Aufstände von 1904-1907 dargestellt. Eine grössere Untersuchung zum Naukluft-Feldzug gab es bisher nicht. Die Lizentiatsarbeit befasst sich mit der Frage, weshalb es zu den Kämpfen in der Naukluft kam und welche Bedeutung und Auswirkungen der im September 1894 geschlossene Friede von Tsams nach der Unterwerfung der Witbooi-Nama unter die deutsche Schutzherrschaft für die weitere Entwicklung der Kolonie Südwestafrika hatte.

Für die Arbeit standen erstmals die Akten des am Naukluft-Feldzug beteiligten Offiziers Hauptmann Gustav von Sack zur Verfügung, welche sich im Archiv der Basler Afrika Bibliographien befinden. Gustav von Sack kommandierte im NaukluftFeldzug die 2. Feldkompanie. Dank der Akten von Hauptmann von Sack liessen sich erstmals die Bewegungen der 2. Feldkompanie und die Entscheidungen ihres Kommandanten nachvollziehen. Es lässt sich feststellen, dass sich Gustav von Sack oftmals nicht an die Anweisungen seines Vorgesetzten Major Leutwein hielt. Durch seine eigenmächtigen Entscheidungen gefährdete er nicht nur das Leben seiner eigenen Leute, sondern setzte auch das Gelingen des ganzen Feldzugs aufs Spiel. Neben von Sack liessen sich aber auch andere Offiziere bis hin zu Major Leutwein zum Teil schwerwiegende strategische Fehler zu schulden kommen. Die Lizentiatsarbeit geht der Frage nach, wie es zu diesen Fehlentscheiden kommen konnte.

Die Arbeit zeigt ausserdem auf, dass der Friedensvertrag von Tsams entscheidend war für den Aufbau des von Theodor Leutwein eingeführten „System Leutwein“. Dieses ermöglichte der deutschen Kolonialmacht, trotz der sehr beschränkten finanziellen und militärischen Mittel, aus Südwestafrika eine deutsche Kolonie zu machen.

Library ID
alma991153631609705501

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