Antikommunisten und Staatsschützer. Der Schweizerische Vaterländische Verband, 1930-1948

AutorIn Name
Dorothe
Zimmermann
Art der Arbeit
Dissertation
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Philippe
Sarasin
Institution
Neuzeit
Ort
Zürich
Jahr
2016/2017
Abstract
Die Dissertation handelt von der aussergesetzlichen Zusammenarbeit des Schweizerischen Vaterländischen Verbandes (SVV) mit den Bundesbehörden im gemeinsam geführten Kampf gegen Kommunisten im Zeitraum von 1930 bis 1948. Der SVV war ein rechtsbürgerlicher Verein, der sich 1919 als Zusammenschluss der im Generalstreik von 1918 entstandenen Bürgerwehren zur Verteidigung der bestehenden Ordnung gegen angeblich drohende sozialistische und kommunistische Umstürze formierte. Der bis 1948 existierende Verband verstand sich dabei als «Bollwerk» gegen den Kommunismus, das der staatlichen Ordnungsgewalt im Kampf gegen die organisierte Arbeiterschaft beistehen sollte. Er koordinierte die bürgerlichen Kräfte bei Abstimmungen und Wahlen und vertrat eine restriktive Ausländer- und Asylpolitik. 1920 richtete der SVV einen Nachrichtendienst ein, der die Observation von Kommunisten und kommunistischen Gruppierungen zum Ziel hatte und dazu mit sogenannten Vertrauensleuten zusammenarbeitete, die er grösstenteils unter den Verbandsmitgliedern anwarb. Daneben gelang es ihm, auch unter Kommunisten Vertrauensleute zu rekrutieren, die einen direkten und sehr genauen Einblick in die Tätigkeit der KPS ermöglichten. Die von den Vertrauensleuten verfassten Nachrichtendienst-Berichte wurden von der Verbandsleitung direkt an die Bundesbehörden, vor allem an die Bundesanwaltschaft und die Fremdenpolizei, weitergeleitet und von diesen regelmässig als Ausgangspunkt für polizeiliche Ermittlungen verwendet. Zahlreiche Hausdurchsuchungen, Auftrittsverbote für politische Redner, Nichterteilungen des Bürgerrechts bis hin zu Ausweisungen sind auf solche Denunziationsberichte des SVV zurückzuführen. Neben dem Nachrichtendienst betrieb der SVV eine Streikbrecherorganisation, den sog. Werkdienst, sowie einen Pressedienst. Der Verband verfügte ausserdem über ein grosses Netzwerk zu Politikern, anderen antikommunistischen Vereinigungen sowie zu wirtschaftlichen und militärischen Organisationen, welches für die Einflussnahme des SVV ebenfalls zentral war. Am Beispiel des SVV werde ich in meiner Dissertation nicht nur zeigen, wie auf der Grundlage des Antikommunismus eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit eines privaten Verbandes mit den Bundesbehörden zustande kam, sondern auch wie Antikommunismus als politischer und kultureller Code (Shulamit Volkov) in der Schweiz verschiedenen Netzwerken (rechts-)bürgerlicher Vereinigungen und Parteien zugrunde lag. Es soll dabei ebenfalls gezeigt werden, wie mittels antikommunistischer Praktiken Vorstellungen von guten und schlechten Staatsbürgern geschaffen und durchgesetzt wurden, welche die schweizerische Gesellschaft in dieser Zeit ganz wesentlich prägten. Antikommunistische Gesetze und ein stark auf die Abwehr des Kommunismus ausgerichteter Staatsschutz waren die Folge. Die Dissertation leistet einen aktuellen Beitrag zur neueren Geschichte der Schweiz, in der die Bedeutung des Antikommunismus als Grundlage politischer Praktiken noch nicht erforscht wurde. In Anlehnung an Michel Foucaults Dispositiv- und Machtanalyse wird gezeigt, wie ein privater Verband mittels wissensgenerierender Denunziationen und einem breiten Netzwerk Macht ausübte und das behördliche Vorgehen im Bereich des Staatsschutzes über Jahre hinweg prägte und auch in der restriktiven Flüchtlingspolitik der Schweiz eine wichtige Rolle einnahm. Bis über das Ende des Zweiten Weltkrieges hinaus erreichte der SVV mit seiner fremdenfeindlichen und antikommunistischen Politik und seiner denunziatorischen Bespitzelungspraxis die schweizerischen Behörden und formte deren offizielle Haltung. Die aussergesetzliche Zusammenarbeit des SVV mit den Bundesbehörden wurde bislang noch nicht erforscht und soll mit der geplanten Dissertation erstmals aufgearbeitet werden. Die Dissertation leistet einen Beitrag zur aktuellen Forschung zum schweizerischen Antikommunismus und zur historischen Denunziationsforschung. Die Arbeit basiert auf einem breiten Quellenkorpus, welches nicht nur das bislang noch kaum näher untersuchte SVV-Verbandsarchiv von 1930 bis 1948 (BAR, J.2.11, 1000/1406, Bd.1-67), sondern auch zahlreiche Quellendossiers in den Akten der Bundesanwaltschaft, der Eidgenössischen Fremdenpolizei und der Bundespolizei umfasst. Zusätzlich werden Quellenbestände verschiedenere Organisationen, mit denen der SVV zusammenarbeitete, untersucht.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

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