Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christoph Maria
Merki
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2010/2011
Abstract
Die Arbeit wurde publiziert: Nordhausen, Verlag Traugott Bautz 2014
(Berner Forschungen zur Neuesten Allgemeinen und Schweizer Geschichte 14)
Die noch junge Luftfahrt machte während des Ersten Weltkriegs einen grossen Entwicklungsschritt. Ohne dabei Kosten und Mühen zu scheuen, bauten zahlreiche Staaten, seien sie nun kriegsführend oder nur indirekt beteiligt wie die Schweiz, Fliegertruppen auf. Dadurch machte die Luftfahrttechnik innerhalb von nur vier Jahren einen enormen Qualitätssprung. In dieser Zeit wurde auch Personal ausgebildet und Infrastruktur erstellt. Damit war nach Kriegsende schliesslich erstmals der planmässige und gewerbliche Zivilluftverkehr möglich. Dessen erster Anwendungsbereich, der Luftpostverkehr, steht im Zentrum der Masterarbeit. Beantwortet wird die Frage, wie sich der Luftpostverkehr in der Schweiz in den Anfangsjahren (1919-1930) entwickelt hat.
Nach einführenden Kapiteln über die Entstehung des Zivilluftverkehrs und die Organisation des Luftpostverkehrs werden in jeweils einem Kapitel das Angebot, die Nachfrage, die Finanzierung sowie die Frage, weshalb der unrentable Luftpostverkehr in hohem Masse vom Staat unterstützt und somit aufrecht erhalten wurde, untersucht.
Da die nach Kriegsende entstehenden privaten Fluggesellschaften, üblicherweise gegründet durch ehemalige Militärpiloten, im Jahr 1919 noch politischen und finanziellen Einschränkungen unterlagen, wurde der erste Luftpostdienst der Schweiz von der Fliegertruppe der Armee durchgeführt. Von April bis Oktober beförderten die Militärpiloten Poststücke zwischen Dübendorf, Bern, Lausanne und ab September nach Genf. Die Betriebskosten für den Liniendienst waren sehr hoch, die Einnahmen aber nur gering. Dadurch entwickelte sich dieser erste Luftpostdienst zu einem finanziellen Misserfolg und musste nach nur einer Flugsaison wieder eingestellt werden. In den folgenden Jahren wurde die im Jahr 1919 gewonnene Erkenntnis, dass die Luftpost nur über längere Strecken Sinn machte, umgesetzt. Für die Schweiz bedeutete dies die internationale Ausrichtung des Luftpostverkehrs. Von 1920-1930 organisierte die Postverwaltung den Luftpostverkehr durch das Abschliessen von Postverträgen mit schweizerischen und ausländischen Fluggesellschaften, aber auch mit anderen Postverwaltungen, welche die Poststücke aus der Schweiz auf den von ihnen unterstützten Linien mittransportieren liessen.
Das Angebot verbesserte sich innerhalb der zwölf Jahre sehr stark. Während im ersten Jahr nur Poststücke mit Zielort in der Schweiz auf dem Luftweg versendet werden konnten, war die Schweiz am Ende der 1920er Jahre durch die Postverträge, aber auch durch schweizerische Luftlinien in das mittlerweile alle Kontinente umfassende und immer engmaschiger werdende internationale Luftpostliniennetz eingebunden. Dabei waren aber jeweils noch Zwischenstrecken mit den herkömmlichen Verkehrsmitteln der Postbeförderung, insbesondere dem Postdampfer, nötig. Im Weiteren war das Angebot in den Jahren 1919-1930 auch durch die Notwendigkeit zum Sichtflug eingeschränkt. Aufgrund dessen war das Fliegen bei Niederschlag oder Nebel, aber auch bei Nacht noch unmöglich. Die Nutzung der Luftpost stieg in den Jahren 1919-1930 von wenigen Tausend auf über 4,5 Millionen jährlich versendeter Poststücke an. Im Vergleich zum gesamten Postvolumen, aber vor allem auch in Anbetracht der geringen Ausnutzung der Ladekapazität der Flugzeuge, war die Nutzung jedoch stets gering. Hauptnutzer waren in diesen Anfangsjahren vor allem die Philatelisten. Für sie hatten die im Allgemeinen noch zahlreichen und schwerwiegenden Nachteile der Luftpost, von welchen vor allem die Unzuverlässigkeit, Unregelmässigkeit und Unsicherheit zu nennen sind, deutlich weniger Gewicht als für die Nutzer aus dem Bereich der Wirtschaft.
Dementsprechend waren die Einnahmen aus dem Luftpostverkehr nicht hoch genug, als dass damit die erheblichen Betriebskosten des Linienflugverkehrs hätten gedeckt werden können. Die Fluggesellschaften konnten dies auch nicht durch ihre anderen Geschäftsbereiche, den Passagierund Frachttransporten, kompensieren. Folglich waren sie zum Überleben auf die Unterstützung des Staates angewiesen. Gewährt wurde diese zu einem grossen Teil durch Postentschädigungen. Mit diesen als Entschädigung für eine erbrachte Leistung getarnten Subventionen konnte verdeckt werden, inwieweit der Staat den aus betriebswirtschaftlicher Sicht vollkommen unrentablen Luftverkehr aufrecht erhielt. Die Gründe für die Unterstützung der Luftpost waren einerseits die aus ihr erhofften wirtschaftlichen Vorteile sowie die für die Zukunft erwartete grosse Bedeutung dieser Art der Postbeförderung. Andererseits stand sie aber auch im Dienste des gesamten Luftverkehrs, der aus wirtschaftlicher, militärischer und vor allem aus politischer Sicht als Investition in die Zukunft betrachtet und daher in grossem Ausmass gefördert wurde.