Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2019/2020
Abstract
Für viele Schweizer Firmen bilden mit der Schweiz assoziierte Werte und Symbole den Kern der Werbestrategie. Seit 20 Jahren zunehmend beliebter, ist ein Co-Branding mit der Marke Schweiz in vielen Branchen heute etwas Selbstverständliches. Egal ob Schweizer Wochen beim Grossverteiler, Schweizer Kreuz im Firmenlogo oder das Matterhorn auf dem Werbeplakat für Käse, in verschiedensten Kategorien und mit unterschiedlichen Zielen wird die Schweiz als Markenpartner weltweit eingesetzt.
Diese Nutzung der Marke Schweiz wird in der Forschung, sowohl im Marketing als auch in der Rechtswissenschaft, als Swissness zusammengefasst. Seit 1. Januar 2017 existiert in Form der Swissness Gesetzgebung eine rechtliche, auf Quantifizierung fokussierte Grundlage für das Co-Branding mit der Marke Schweiz. Diese ist jedoch nicht der erste Versuch, die Marke Schweiz zu definieren und ihren Wert zu schützen. Eine historische Auseinandersetzung mit der Swissness in ihrer Gesamtheit fand bisher nicht statt. Die hier vorgestellte Arbeit setzt hier an und fokussiert sich auf die historische Entwicklung hin zur aktuellen, modernen Definition der Swissness durch die Analyse ihrer zentralen Komponenten.
Zur Erarbeitung dieser zentralen Komponenten wurde das Nation Branding der Schweiz betrachtet und sowohl in der Nationalismus- als auch in der Markenforschung verankerte Theorien zur Aufschlüsselung in Kernkomponenten genutzt. An Hand von drei Akteuren, Schweizerwoche (SW), Zentralstelle für das schweizerische Ursprungszeichen – Armbrust (ZFU) und Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland (KOKO), wurde die historische Entwicklung der Komponenten rekonstruiert und in eine theoretische Abfolge der historischen Swissness gebracht. Für diese Abfolge wurden fünf teilweise überschneidenden Phasen festgestellt, während denen durch die zuvor erwähnten Akteure jeweils Elemente der Swissness entwickelt und eingesetzt wurden. In den letzten 20 Jahre wurden diese verschiedenen Strömungen zur modernen Swissness zusammengeführt.
Zur Kontextualisierung und Überprüfung dieses theoretischen Konstruktes wurde eine Unternehmensgeschichte der Victorinox, basierend auf zuvor wissenschaftlich nicht erschlossenen Archivalien, erarbeitet. Fokussiert auf den Markenmythos Victorinox und Swiss Army, wurde die Untersuchung der Rolle einer Privatfirma in der Entwicklung der Swissness als Leitfrage genutzt. Während die Victorinox auf den ersten Blick durch ihr Logo seit über 100 Jahren auf die Schweiz als Co-Branding Partner setzt, zeigte sich durch die Betrachtung der Unternehmensgeschichte, dass die Marke Schweiz nur geringfügig durch die Victorinox genutzt und beeinflusst wurde. Der Firmenmythos, basierend auf dem eigenen Verständnis der Firmengeschichte, zeigte sich als zentraler Leitfaden für die Entwicklung der Marken Victorinox und Swiss Army, unabhängig der Nutzung des Schweizer Kreuzes im Firmenlogo.
Das rote Sackmesser und in Erweiterung die Marke Victorinox konnte sich schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Schweiz als iconic brand etablieren. Ein jeder Schweizer Wehrdienstleistende seit 1891 hat ein Messer von Victorinox oder Wenger erhalten. Firmenchef Carl Elsener II. erklärte den Schweizer Markt intern kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs für komplett erobert. Die Victorinox musste in der Schweiz keine aktive Werbung betreiben, was sich auch in der späten Etablierung einer eigenen Pressestelle in den 1980er Jahren und der erst in den letzten zehn Jahren stattgefundenen Erweiterung dieser zeigte. Seitens Victorinox lancierte nationale Werbung war bis 2012 praktisch inexistent und eine aktive Beeinflussung der Marke Schweiz dadurch nicht möglich.
International setzt Victorinox seit den 1950er Jahren auf die Marke Swiss Army, welche sich in den Vereinigten Staaten unter Lizenznehmer Forschner Group zu einem Synonym für die Marke Victorinox entwickelt hatte. Bis in die frühen 2000er Jahre wurde Swiss Army primär durch Forschner genutzt, welche für die Popularisierung auf Wechselwirkungen in der Assoziation der Marke Swiss Army mit dem Produkt Swiss Army Knife setzte. So wurden Swiss Army Sonnenbrillen und Uhren lanciert, jeweils in Verbindung stehend mit dem populären roten Taschenmesser. Durch die Übernahme der Forschner Group 2001 und die Etablierung von internationalen Direktvertretungen geriet die Marke Swiss Army wieder unter die Kontrolle der Victorinox. Seither wird Victorinox international als Victorinox Swiss Army vermarktet. Trotz der Nutzung von Swiss im Markennamen entwickelte sich die Marke Swiss Army nicht gleich wie die Marke Schweiz, sondern es konnte ein eigenständiger internationaler iconic brand geschaffen werden. Es wurde dabei nicht auf die Assoziation mit der der Schweiz gesetzt, sondern auf die eigenen Erfahrungen und Assoziationen der Kund*innen mit dem ikonischen Produkt. Sowohl in der Werbung für Fälschungen aus China als auch in der eigenen Werbung wurde jeweils legendary Swiss Army genutzt, womit nicht auf die Schweizer Armee, sondern auf das gut bekannte Swiss Army Knife referenziert wurde.
Durch ihren internationalen Erfolg übernahm Victorinox ihre Vorbildfunktion nicht in der Entwicklung und Nutzung der Marke Schweiz, sondern als Beweis dafür, dass diese als Co-Branding Partner wertvoll und schützenswert sei. Im Rahmen der vorgestellten Masterarbeit konnten diverse Kontakt- und Konfliktfelder zwischen Victorinox und Swissness festgestellt werden, welche indirekt in der Weiterentwicklung der Swissness mündeten. Eine direkte, gezielte Steuerung durch die Firma Victorinox fand jedoch nicht statt. Weitere staatliche und private Akteure spielten aktivere Rollen in der Entstehung der modernen Swissness; die zuvor erwähnten Akteure Schweizerwoche, ZFU und KOKO sind dabei nur einige davon.
Diese Nutzung der Marke Schweiz wird in der Forschung, sowohl im Marketing als auch in der Rechtswissenschaft, als Swissness zusammengefasst. Seit 1. Januar 2017 existiert in Form der Swissness Gesetzgebung eine rechtliche, auf Quantifizierung fokussierte Grundlage für das Co-Branding mit der Marke Schweiz. Diese ist jedoch nicht der erste Versuch, die Marke Schweiz zu definieren und ihren Wert zu schützen. Eine historische Auseinandersetzung mit der Swissness in ihrer Gesamtheit fand bisher nicht statt. Die hier vorgestellte Arbeit setzt hier an und fokussiert sich auf die historische Entwicklung hin zur aktuellen, modernen Definition der Swissness durch die Analyse ihrer zentralen Komponenten.
Zur Erarbeitung dieser zentralen Komponenten wurde das Nation Branding der Schweiz betrachtet und sowohl in der Nationalismus- als auch in der Markenforschung verankerte Theorien zur Aufschlüsselung in Kernkomponenten genutzt. An Hand von drei Akteuren, Schweizerwoche (SW), Zentralstelle für das schweizerische Ursprungszeichen – Armbrust (ZFU) und Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland (KOKO), wurde die historische Entwicklung der Komponenten rekonstruiert und in eine theoretische Abfolge der historischen Swissness gebracht. Für diese Abfolge wurden fünf teilweise überschneidenden Phasen festgestellt, während denen durch die zuvor erwähnten Akteure jeweils Elemente der Swissness entwickelt und eingesetzt wurden. In den letzten 20 Jahre wurden diese verschiedenen Strömungen zur modernen Swissness zusammengeführt.
Zur Kontextualisierung und Überprüfung dieses theoretischen Konstruktes wurde eine Unternehmensgeschichte der Victorinox, basierend auf zuvor wissenschaftlich nicht erschlossenen Archivalien, erarbeitet. Fokussiert auf den Markenmythos Victorinox und Swiss Army, wurde die Untersuchung der Rolle einer Privatfirma in der Entwicklung der Swissness als Leitfrage genutzt. Während die Victorinox auf den ersten Blick durch ihr Logo seit über 100 Jahren auf die Schweiz als Co-Branding Partner setzt, zeigte sich durch die Betrachtung der Unternehmensgeschichte, dass die Marke Schweiz nur geringfügig durch die Victorinox genutzt und beeinflusst wurde. Der Firmenmythos, basierend auf dem eigenen Verständnis der Firmengeschichte, zeigte sich als zentraler Leitfaden für die Entwicklung der Marken Victorinox und Swiss Army, unabhängig der Nutzung des Schweizer Kreuzes im Firmenlogo.
Das rote Sackmesser und in Erweiterung die Marke Victorinox konnte sich schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Schweiz als iconic brand etablieren. Ein jeder Schweizer Wehrdienstleistende seit 1891 hat ein Messer von Victorinox oder Wenger erhalten. Firmenchef Carl Elsener II. erklärte den Schweizer Markt intern kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs für komplett erobert. Die Victorinox musste in der Schweiz keine aktive Werbung betreiben, was sich auch in der späten Etablierung einer eigenen Pressestelle in den 1980er Jahren und der erst in den letzten zehn Jahren stattgefundenen Erweiterung dieser zeigte. Seitens Victorinox lancierte nationale Werbung war bis 2012 praktisch inexistent und eine aktive Beeinflussung der Marke Schweiz dadurch nicht möglich.
International setzt Victorinox seit den 1950er Jahren auf die Marke Swiss Army, welche sich in den Vereinigten Staaten unter Lizenznehmer Forschner Group zu einem Synonym für die Marke Victorinox entwickelt hatte. Bis in die frühen 2000er Jahre wurde Swiss Army primär durch Forschner genutzt, welche für die Popularisierung auf Wechselwirkungen in der Assoziation der Marke Swiss Army mit dem Produkt Swiss Army Knife setzte. So wurden Swiss Army Sonnenbrillen und Uhren lanciert, jeweils in Verbindung stehend mit dem populären roten Taschenmesser. Durch die Übernahme der Forschner Group 2001 und die Etablierung von internationalen Direktvertretungen geriet die Marke Swiss Army wieder unter die Kontrolle der Victorinox. Seither wird Victorinox international als Victorinox Swiss Army vermarktet. Trotz der Nutzung von Swiss im Markennamen entwickelte sich die Marke Swiss Army nicht gleich wie die Marke Schweiz, sondern es konnte ein eigenständiger internationaler iconic brand geschaffen werden. Es wurde dabei nicht auf die Assoziation mit der der Schweiz gesetzt, sondern auf die eigenen Erfahrungen und Assoziationen der Kund*innen mit dem ikonischen Produkt. Sowohl in der Werbung für Fälschungen aus China als auch in der eigenen Werbung wurde jeweils legendary Swiss Army genutzt, womit nicht auf die Schweizer Armee, sondern auf das gut bekannte Swiss Army Knife referenziert wurde.
Durch ihren internationalen Erfolg übernahm Victorinox ihre Vorbildfunktion nicht in der Entwicklung und Nutzung der Marke Schweiz, sondern als Beweis dafür, dass diese als Co-Branding Partner wertvoll und schützenswert sei. Im Rahmen der vorgestellten Masterarbeit konnten diverse Kontakt- und Konfliktfelder zwischen Victorinox und Swissness festgestellt werden, welche indirekt in der Weiterentwicklung der Swissness mündeten. Eine direkte, gezielte Steuerung durch die Firma Victorinox fand jedoch nicht statt. Weitere staatliche und private Akteure spielten aktivere Rollen in der Entstehung der modernen Swissness; die zuvor erwähnten Akteure Schweizerwoche, ZFU und KOKO sind dabei nur einige davon.